Konjunkturumfrage 2010

Zu dieser Studie

Die Dr. Walter GmbH, die vor über 10 Jahren das Portal www.au-pair-agenturen.de initiiert hat, wird regelmäßig nach Daten zum Au-pair-Wesen gefragt: Wie viele Au-pairs sind eigentlich in Deutschland beschäftigt? Wie hoch ist die Zahl deutscher Jugendlicher, die sich für einen Au-pair-Aufenthalt im Ausland bewerben? Aus welchen Ländern kommen die meisten Au-pairs und wohin gehen junge Menschen aus Deutschland am liebsten, wenn sie an einem Kulturaustausch teilnehmen?

Da Au-pair-Beschäftigungen nicht der Sozialversicherungspflicht unterliegen und EU-Angehörige keine Aufenthaltserlaubnis für ihren Au-pair-Aufenthalt in Deutschland benötigen, sind Anzahl und Umfang von Statistiken das Au-pair-Wesen betreffend nicht ausreichend. Zwar empfiehlt die Bundesagentur für Arbeit angehenden Au-pairs und Gastfamilien für die Vermittlung einer Stelle bzw. Arbeitskraft die Hilfe einer Au-pair-Agentur in Anspruch zu nehmen, doch in Zeiten des Internets werden viele auf eigene Faust aktiv. Das erschwert einen Überblick über Au-pair-Beschäftigungen zusätzlich.

Daher hat es sich die Dr. Walter GmbH zur Aufgabe gemacht, eine entsprechende Studie zu entwickeln. Bereits zum vierten Mal wurde nun eine Konjunkturumfrage durchgeführt, um das Au-pair-Wesen in Deutschland genauer beurteilen zu können. Nur der analytische Blick auf das Austauschprogramm schafft die Möglichkeit, optimale Rahmenbedingungen zu schaffen, Bildungschancen zu sichern und zu optimieren.

Vermittlungszahlen

Im Jahr 2009 haben etwa 8.370 Au-pairs eine Tätigkeit in Deutschland aufgenommen. Damit haben sich wieder mehr junge Menschen aus dem Ausland für einen Kulturaustausch hierzulande interessiert. Während die Au-pair-Agenturen bei der letzten Konjunkturumfrage, 2007 durchgeführt, sinkende Vermittlungszahlen verzeichneten, beobachteten jetzt viele einen leichten Positivtrend im Incoming-Bereich. Anders als in den Vorjahren konnten die Vermittler 2009 Anfragen von Gasteltern besser bedienen, weil es wieder mehr Au-pair-Bewerber/-innen gab.

Umgekehrt gingen weniger Anfragen von Gasteltern bei den Agenturen ein. Diese gesunkene Nachfrage gegenüber dem Vorjahr könnte eine Folge der Finanzkrise sein. Während 2007 nicht alle Gasteltern-Anfragen bedient werden konnten, weil Deutschland für ausländische Au-pairs an Attraktivität verloren hatte, verzeichnen die meisten Agenturen in 2009 einen Anstieg an Au-pair-Bewerbern. So zeigt sich im Incoming-Bereich zunehmend eine Ausgewogenheit zwischen Angebot und Nachfrage.

Auch die Vermittlung deutscher Au-pairs ins Ausland hat gegenüber dem Vorjahr minimal zugenommen. Hier gibt es jedoch keine verlässlichen Zahlen. Wir gehen von über 20.000 Deutschen aus, die einen Au-pair-Aufenthalt im Ausland absolviert haben. Knapp 30 Prozent der Agenturen beobachten einen Aufwärtstrend im Outgoing-Bereich. Das Interesse junger Deutscher an einem Au-pair-Aufenthalt im Ausland ist ein wenig gestiegen: Die kostengünstige Form des Kulturaustauschs ist mehr gefragt als teurere Austausch-Programme wie Work and Travel.

Wirtschaftliche Situation der Agenturen

Obwohl mehr Agenturen melden, dass ihre Vermittlungszahlen gestiegen sind, hat sich ihre wirtschaftliche Situation nicht gebessert. Die meisten Agenturen haben ihre Vermittlungsgebühren im Vergleich zu 2008 nicht angehoben. Weil die Kosten gestiegen sind, hat sich die wirtschaftliche Situation für den überwiegenden Teil der Agenturen trotz positiver Vermittlungszahlen in 2009 verschlechtert.

Zu Schließungen von Agenturen liegen statistische Werte der Datenbank www.au-pair-agenturen.de vor. In den Jahren 2005 bis 2010 sank die Anzahl von geschätzten 430 aktiven Agenturen auf 320, das bedeutet einen Rückgang von über 25 Prozent.

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

• Mehr Interesse ausländischer Jugendlicher an Au-pair-Beschäftigung in Deutschland
• Vermittlungszahlen im Incoming-Bereich angewachsen
• Interesse deutscher Jugendlicher an Au-pair-Tätigkeit gestiegen
• Schlechtere wirtschaftliche Situation vieler Agenturen führt zu zahlreichen Schließungen

Au-pair-Aufenthalt in Deutschland

Die häufigsten Herkunftsländer

Erstmals hatten die Agenturen bei einer Konjunkturumfrage die Gelegenheit, drei Hauptherkunftsländer von Au-pair-Bewerbern anzugeben. Im Incoming-Bereich ergibt sich folgendes Bild:

 

Ausgewertet wurde die Anzahl der Nennungen, wobei jede Agentur drei Stimmen hatte. Es handelt sich bei diesen Angaben aber nicht um Vermittlungszahlen. Da die Agenturen unterschiedlich groß sind, differiert die Menge ihrer Au-pair-Vermittlungen.

Russland ist das Land, das die meisten Agenturen als Hauptherkunftsland von Au-pairs nennen (knapp 16 Prozent). Zwei Nachbarstaaten von Russland, Ukraine und Georgien, belegen mit knapp 14 Prozent den zweiten Platz des Rankings. Ebenso viele Agenturen listen Kenia unter den Top-3-Ländern auf. Neben dem Gebiet östlich der EU-Beitrittsländer – mehrfach genannt sind noch Usbekistan, Kirgisistan, Mongolei, Moldawien, Armenien – gehören für viele Agenturen auch China und Nepal zu den wichtigsten Heimatländern von Au-pairs. Südamerikanische Au-pairs kommen in erster Linie aus Kolumbien. Anders als in den bisherigen Konjunkturumfragen – 2004, 2006, 2007 – gab es 2009 erstmals wieder beachtlich viele Nennungen von Au-pairs aus der Schweiz und aus Frankreich. Mit diesen „Klassikern“ hatte sich das Au-pair-Wesen in Deutschland Ende der fünfziger Jahre entwickelt.

Erfolgsfaktor Partneragentur

Die Zusammenarbeit mit Partneragenturen in anderen Ländern bedeutet für alle Au-pair-Agenturen einen Schlüssel zum Erfolg. Die meisten Agenturen kooperieren mit bis zu zehn ausländischen Partneragenturen, einige sogar mit mehr als zehn Partnern.

Umvermittlungen

Au-pair-Aufenthalte, die privat geplant und ohne die Vermittlung und Betreuung durch eine Agentur durchgeführt werden, verlaufen oft problematisch. Die Au-pairs sind ungenügend auf das Leben in Deutschland vorbereitet. Falsche Erwartungen und Missverständnisse führen zu Konflikten zwischen Familie und Gast. Wenn in einer solchen Situation niemand zwischen beiden Parteien vermittelt und hilft, kulturelle Unterschiede und ungewohnte Verhaltensweisen zu erklären, kommt es meist zur Trennung von Au-pair und Gastfamilie. Leidtragende sind dann vor allem die Au-pairs, die oft mittellos sind und kurzfristig nach einer neuen Unterkunft suchen müssen.

Bei mehr als 80 Prozent der über eine Agentur vermittelten Au-pairs bleiben mehr als 90 Prozent in ihrer Gastfamilie.

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

• Neben Staaten der ehemaligen Sowjetunion - Russland, Ukraine, Georgien - gehört Kenia zu den Top-3-Herkunftsländern von Au-pairs.
• Au-pairs, die von Agenturen betreut werden, müssen selten umvermittelt werden.

Deutsche Au-pairs im Ausland

Die beliebtesten Zielländer

Die Nennung der Top-3-Länder im Outgoing-Bereich brachte folgendes Ergebnis:

Während sich in den letzten Jahren der Trend zum außereuropäischen Au-pair-Aufenthalt verstärkt hatte, meldeten die Agenturen 2009 wieder großes Interesse an Europa als Wunschziel. Über zwei Drittel der Agenturen gaben an, vorwiegend Anfragen für eine Au-pair-Tätigkeit in einem europäischen Land erhalten zu haben. Am häufigsten entschieden sich Au-pair-Bewerber/-innen für Großbritannien: 33 Prozent aller Nennungen der Top-3-Länder betreffen Großbritannien. Weitere Zielländer innerhalb Europas sind in dieser Reihenfolge: Frankreich (17 Prozent), Spanien (15 Prozent) und Irland (7 Prozent). Andere europäische Länder wurden kaum gewählt.

Anders als es sich in der Konjunkturumfrage darstellt, sind die USA nach wie vor eines der Top-Länder im Outgoing-Bereich. Nach Rücksprache mit Patricia Brunner, die sowohl im Vorstand der Au-pair-Society als auch der IAPA tätig ist und selbst eine Agentur betreibt, sollte die Auswertung der Umfrage an dieser Stelle korrigiert werden: Da die Vermittlung in die USA kompliziert ist, bieten nicht alle Agenturen dieses Zielland an. Einige Agenturen haben sich auf die Vermittlung von Au-pairs in die USA spezialisiert und verschaffen mehreren Tausend Au-pairs dort eine Stelle.
Daneben zählt Australien zu den bevorzugten Zielländern außerhalb Europas (knapp 9 Prozent).

Auch im Outgoing-Bereich entscheiden sich fast alle Agenturen für die Zusammenarbeit mit ausländischen Agenturen. Ein Großteil kooperiert mit bis zu 10 Partneragenturen.

Die meisten der befragten Agenturen konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft der Au-pair-Vermittlung. Nur wenige bieten auch High School-Aufenthalte, Work-and-Travel-Programme und Praktika an.

Ein Großteil der Agenturen verzeichnet nur einen geringen Prozentsatz frühzeitig zurückkehrender Au-pairs.

 

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

• Innerhalb Europas ist Großbritannien das wichtigste Zielland.
• Die USA gehören nach wie vor zu den Top-Ländern im Outgoing-Bereich.
• Zurzeit bieten nur wenige Au-pair-Agenturen alternative Auslandsprogramme wie Work and Travel, Work and Study, Praktika und Volunteering an.
• Die Rate der Abbrüche von Aufenthalten durch Agenturen betreuter Au-pairs ist gering.

Die Bedeutung von Au-pair-Verbänden für Agenturen

Den meisten Au-pair-Agenturen ist die Mitgliedschaft in einem Au-pair-Verband wichtig. Oft verzichten kleine Agenturen mit geringen Umsätzen zunächst auf eine Mitgliedschaft, weil sie die Beiträge als zu hohe Investition empfinden.

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

• Der wichtigste Verband für die befragten Agenturen ist der Au-pair Society e. V..
• Ein Drittel der befragten Agenturen ist Mitglied beim Au-pair Society e. V., gut ein Fünftel der Agenturen gehört der Gütegemeinschaft Au-pair e.V. an.

Die Bedeutung von Au-pair-Versicherungen für Agenturen

Die Bundesagentur für Arbeit schreibt u. a. vor, dass die Krankenversicherung von Au-pairs auch bei Schwangerschaft und Geburt leisten muss, was bei einer einfachen Reisekrankenversicherung nicht der Fall ist. Aus diesem Grund raten die Agenturen zu speziellen Au-pair-Versicherungen mit Kranken-, Unfall- und Haftpflichtschutz. Fast alle Agenturen arbeiten mit einem Anbieter von Au-pair-Versicherungen zusammen bzw. empfehlen ein bestimmtes Produkt. Die Agenturen bezeichnen die Zusammenarbeit mit dem durch sie empfohlenen Au-pair-Versicherer als gut. Der überwiegende Teil der Agenturen kooperiert mit der Dr. Walter GmbH. 89 Prozent der befragten Agenturen sind sehr zufrieden mit diesem Anbieter.
Leistungsumfang und Qualität der Versicherungsprodukte haben für die Vermittler eine hohe Bedeutung; fast alle Agenturen lehnen Selbstbehalte in der Krankenversicherung ab. Auch legt die Mehrheit der Vermittler Wert auf eine Berufshaftpflichtversicherung für die Au-pair-Tätigkeit.
Ebenso wichtig wie gute Versicherungsleistungen ist den Agenturen die Unterstützung durch den Versicherer. Dazu gehören kompetente Beratung, Erreichbarkeit, Schnelligkeit der Bearbeitung, Freundlichkeit sowie bei Online-Abschluss die automatische Sendung einer Kopie der Versicherungsbestätigung an den Vermittler. Gerade für Agenturen, die mit dem „RAL-Gütezeichen Au Pair“ zertifiziert wurden, ist dieser Service sehr wichtig, damit sie die Gewissheit haben, dass das von ihnen vermittelte Au-pair tatsächlich versichert ist.

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

• Agenturen arbeiten eng mit Anbietern von Au-pair-Versicherungen zusammen.
• Leistungsumfang und Qualität der Versicherungsprodukte haben hohe Bedeutung für die Vermittler.

Die Bedeutung von Serviceseiten für Au-pairs

Es gibt eine Reihe von Online-Plattformen für Gasteltern und Au-pairs:

Au-pair-Agenturen.de (http://au-pair-agenturen.de)

Aupair-Index (http://www.aupair-index.de)

Au-pair-Wizard (http://www.au-pair.com)

Au Pair Box (http://www.au-pair-box.com)

Aupair World (http://www.aupair-world.net)

Au Pair.com (http://www.aupair.com/de)

Die bekannteste Online-Plattform für Au-pairs, Gasteltern und Agenturen ist www.au-pair-agenturen.de. Auf dieser kostenlosen Serviceseite sind derzeit 253 deutsche Au-pair-Agenturen gelistet. Alle Agenturen präsentieren sich mit einer Selbstdarstellung, die potenziellen Gasteltern und Au-pairs einen Eindruck ihrer Arbeit bietet.

Über 80 Prozent der Agenturen stufen die Bedeutung ihres Eintrages auf der Plattform als sehr wichtig ein. Wichtig ist ihnen auch der regelmäßige Newsletter von www.au-pair-agenturen.de.

Die Serviceseite bietet Gasteltern die Möglichkeit, ihre Bewerbung mit wenigen Klicks an mehrere Agenturen zu senden. Dieser Service ist für Gasteltern und Agenturen kostenfrei. Der überwiegende Teil der eingetragenen Agenturen wertet diesen Service als wichtig.

Ein knappes Viertel der befragten Agenturen ist bereit, Geld für die exklusive Zusendung von Gasteltern- und Au-pair-Bewerbungsbögen zu zahlen

Wichtige Ergebnisse im Überblick:

• 80 Prozent der Agenturen beurteilten ihren Werbeeintrag in www.au-pair-agenturen.de als wichtig bis sehr wichtig.
• 80 Prozent der Agenturen wünschten sich neben dem Gastelternservice einen Au-pair-Bewerbungsservice

Zur Durchführung und Auswertung der Umfrage

Auswahl der befragten Agenturen

Zum Umfragezeitpunkt (Mai 2010) gab es 320 aktive Agenturen mit Sitz in Deutschland. Die Auskunft beruht auf einer internen Zählung der Dr. Walter GmbH unter Berücksichtigung der Angaben von Gütegemeinschaft Au-pair e. V., Au-pair Society e. V., vij und IN VIA.
Die Auswahl der teilnehmenden Au-pair-Agenturen erfolgte über die Online-Datenbank www.au-pair-agenturen.de, in der 253 Agenturen gelistet sind. Knapp 70 aktive Agenturen wollten oder konnten sich (noch) nicht in die Datenbank eintragen. Von 253 eingetragenen Agenturen sind 227 per E-Mail zur Konjunkturumfrage eingeladen worden.

Befragungszeitraum und Rücklaufquote

Die Befragung begann am 27. Mai 2010 und endete am 30. Juni 2010. Von den 227 eingeladenen Agenturen beteiligten sich 67 an der Umfrage – das entspricht einer Rücklaufquote von rund 30 Prozent. Bezogen auf die geschätzte Gesamtzahl von 320 Agenturen am deutschen Markt liegt die Teilnehmer-Quote insgesamt bei rund 21 Prozent. Damit ist die Umfrage nach den Grundlagen der Statistik für den gesamten deutschen Markt  repräsentativ.

Zusammensetzung der Teilnehmergruppe

Die Gruppe der Umfrageteilnehmer besteht zu 92,5 Prozent aus selbstständigen privaten Vermittlern. 7,5 Prozent der Teilnehmer sind Vertreter kirchlicher bzw. gemeinnütziger Vermittlungsstellen.


Umfang und Inhalt der Umfrage

227 Agenturen wurden per E-Mail gebeten, 51 Fragen zur wirtschaftlichen Situation ihrer Agentur und zur Entwicklung der Au-pair-Aufenthalte allgemein zu beantworten. Die Teilnehmer wurden aufgefordert, ihre Erfahrungen aus dem Jahr 2009 mitzuteilen und ihre Einschätzungen für 2010 zu äußern.

 

Art der Datenerfassung und Auswertung

Die Rückläufer der Umfrage wurden mit Hilfe eines speziellen Computerprogramms (au-pair pollTicketing 1.0) elektronisch und automatisch statistisch geordnet. Die Ergebnisse dieser Statistik bilden die Grundlage der Studie, wobei die Einzelergebnisse der quantitativen Erhebung aufeinander bezogen und anschließend ausgewertet wurden.