Au-pair werden ohne Visum?
Als mit der russischen Invasion am 24. Februar die deutsche Botschaft in Kiew geschlossen wurde, stellte sich die Frage, wie und ob junge Ukrainerinnen und Ukrainer in Zukunft Au-pair in Deutschland werden konnten. Der Vorstand der Gütegemeinschaft Au pair fragte Anfang März beim Auswärtigen Amt an, ob Jugendliche die Möglichkeit hätten, das Au-pair-Visum ausnahmsweise in Deutschland bei der zuständigen Ausländerbehörde zu beantragen.
Als Familienmitglied auf Zeit die Trennung von der Heimat überwinden
Mit der Eskalation des Krieges stieg die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge. Ehemalige Au-pairs kontaktierten ihre alten Gastfamilien und wurden dort - zum Teil mit ihren Verwandten – beherbergt. Für junge Ukrainerinnen und Ukrainern unter 27 bot sich ein Au-pair-Aufenthalt an, wenn sie die Voraussetzungen dafür erfüllten. Sie würden im besten Fall bei einer deutschen Familie Geborgenheit erleben, Sprach- und Kulturkenntnisse erweitern und ein reguläres Gap Year zwischen Schule und Berufsausbildung oder Universität absolvieren, wie es Tausende von Jugendlichen weltweit auch tun.
Eingliederung in den deutschen Arbeitsmarkt angestrebt
Mit Entscheidung des EU-Ministerrates, dass für die Menschen aus der Ukraine die Massenzustrom-Richtlinie aktiviert wird, erhalten die Geflüchteten eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG.
In Abstimmung zwischen der Bundesagentur für Arbeit und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales gilt nun Folgendes: „Ein Zweckwechsel in einen Aufenthalt zum Zweck der Beschäftigung ist nur möglich, wenn eine Eingliederung in den deutschen Arbeitsmarkt erfolgt. Die Au-pair-Beschäftigung beinhaltet ihrer Natur nach keine Eingliederung in den deutschen Arbeitsmarkt. Damit ist ein Wechsel von der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 24 AufenthG in einen Au-Pair-Status nicht möglich.“
Lange Au-pair-Tradition gebrochen
Zwischen Deutschland und der Ukraine besteht eine lange Au-pair-Tradition, die der Friedensicherung und Völkerverständigung dient. Die Ukraine gehört spätestens seit 2009 zu den Top-3-Entsendestaaten von Au-pairs. In manchen Jahren kamen knapp 1.000 junge Ukrainerinnen und Ukrainern, um in deutschen Gastfamilien Kinder zu betreuen und eine fremde Kultur zu erleben.
Bei allem Verständnis für die Entscheidung zugunsten einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bleibt auf Seiten vieler Au-pair-Agenturen ein Wehrmutstropfen: Sie haben mit jungen Menschen zu tun, die sich einen Au-pair-Status gewünscht hätten. Diese wären nach ihrem Au-pair-Jahr in die Heimat zurückgekehrt, um dort Ausbildung oder Studium zu beginnen oder fortzusetzen. Die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges hegen noch viele trotz der attraktiven Möglichkeiten am deutschen Arbeitsmarkt.