Die Nachfrage nach Au-pairs für eine flexible Kinderbetreuung ist in Deutschland seit Corona stark gestiegen. Doch auch im Au-pair-Wesen macht sich der Personalmangel bemerkbar: Agenturen und Gastfamilien klagen über zu wenig Au-pairs. Visaanträge werden abgelehnt, Kooperationen mit bewährten Herkunftsländern funktionieren nicht mehr. Au-pairs verlassen ihre Gastfamilien vorzeitig, weil sie abgeworben werden. Aber nicht nur im Incoming-Bereich gibt es Probleme, wie die jährliche Umfragestudie zu Au-pairs in Deutschland verdeutlicht.
Kampf um Au-pairs
Sehr viele Au-pair-Agenturen klagen über einen akuten Mangel an geeigneten Au-pairs. Sie suchen händeringend nach Bewerber:innen und sprechen schon von einem „Kampf um Au-pairs“. Während der Zeit in den Gastfamilien werden einige Au-pairs für ein Freiwilliges Soziales Jahr oder eine Ausbildung abgeworben. Sie brechen ihr Jahr vorzeitig ab, auch um einen längerfristigen Aufenthaltstitel zu bekommen. Für die Familien wiegt die plötzliche Kündigung schwer.
Weniger Au-pair-Agenturen
Es agieren nur noch 112 Au-pair-Agenturen am deutschen Markt, während es 2016 noch 196 waren. Die Situation hat auch Auswirkungen auf die Einflussnahme auf die Politik. Je mehr die Vermittlung und Betreuung im privaten Bereich und nicht über professionelle Au-pair-Agenturen stattfindet, desto schwieriger ist es, Verbesserungen im Au-pair-Wesen herbeizuführen. Zudem haben Au-pairs und Gastfamilien keine Ansprechpartner, wenn Probleme auftreten.
Wechselnde Herkunftsländer
2022 kamen zwar mehr Au-pairs (rund 14.000) nach Deutschland als im Vorjahr, doch diese Zahl liegt noch immer unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie. Was die Arbeit der Au-pair-Agenturen erschwert, ist die wechselhafte Visumspolitik der Bundesregierung. Bewährte Partnerschaften u. a. mit der Ukraine, Russland, Turkmenistan, Nepal, Kamerun und Simbabwe wurden aus verschiedenen Gründen erschwert. Zuletzt gehörten Kolumbien, Indonesien und Kirgisistan zu den Top-3-Ländern, aus denen Au-pairs vermittelt wurden. Neuere Herkunftsländer waren unter anderem Indien, Türkei, Uganda, Philippinen und Thailand.
Nicht genug englischsprachige Au-pair-Destinationen
Da die Bedeutung von Englisch weiter zunimmt, ist die Nachfrage nach englischsprachigen Ländern besonders hoch. Junge Deutsche finden leider nicht das entsprechende Angebot an Gastfamilien. Viele Ziele, in denen sich die Englischkenntnisse verbessern ließen, bereiten derzeit Probleme. In Norwegen, Australien, Irland und Großbritannien ist das Au-pair-Programm nur mit Einschränkungen bzw. gar nicht möglich.
Umfassende Datenquelle
Die Konjunkturumfrage "Au-pairs in Deutschland und weltweit" liefert jährlich aktuelle Zahlen und Fakten zum Au-pair-Wesen. Sie beruht auf einer repräsentativen Umfrage unter 50 Au-pair-Agenturen und Gesprächen mit Au-pair-Experten. Die Studie wird von DR-WALTER Auslandsversicherungen herausgegeben und erscheint im Calypso Verlag.