Konjunkturumfrage 2025: Zahl der Au-pairs in Deutschland rückläufig – Visapolitik gefährdet Austauschprogramm

Die Zahl der Au-pairs in Deutschland ist trotz hoher Nachfrage deutscher Gastfamilien erneut gesunken. Laut der aktuellen Konjunkturumfrage 2025 des auf Reise- und Auslandskrankenversicherungen spezialisierten Unternehmens DR-WALTER kamen im Jahr 2024 nur rund 10.000 Au-pairs ins Land. Das ist ein deutlicher Rückgang im Vergleich zum Vorjahr. Hauptgrund ist die zunehmend unklare und restriktive Visavergabepraxis an deutschen Auslandsvertretungen. Vermittlungsagenturen warnen, dass ohne verlässliche Visaregeln das Au-pair-Programm als wichtiges Instrument für den interkulturellen Austausch gefährdet ist.

Wachsende Lücke zwischen Angebot und Nachfrage
Insbesondere in wirtschaftsstarken Regionen wie Bayern, dem Rhein-Main-Gebiet oder Baden-Württemberg ist die Nachfrage nach Au-pairs hoch. Laut Umfrage musste jedoch jede zweite Agentur mehr Anfragen von Gastfamilien ablehnen, da nicht genug Bewerber:innen zur Verfügung standen. Die Schere zwischen Bedarf und verfügbaren Au-pairs öffnet sich weiter und stellt das System zunehmend infrage. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Drittel der Agenturen über zehn Anfragen von sogenannten Wechsel-Au-pairs verzeichnete. Diese hatten ihre ursprüngliche Gastfamilie verlassen und kamen ohne die Unterstützung einer Full-Service-Agentur nach Deutschland.

Visumvergabe wird zur Hürde
Besonders drastisch zeigt sich die Problematik bei der Visavergabe. Zu den wichtigsten Herkunftsländern im Jahr 2024 zählten Indien, Madagaskar, Kolumbien, die Philippinen und Indonesien. Doch in vielen dieser Länder wird es für Interessierte zunehmend schwieriger, ein Visum zu erhalten. So werden in Madagaskar seit Frühjahr 2025 bis zu 80 Prozent der Anträge abgelehnt. In Indonesien werden derzeit keine Au-pair-Visa mehr ausgestellt. Auf den Philippinen hat die deutsche Botschaft die Vertragsbeglaubigung ausgesetzt. Agenturen kritisieren eine intransparente und teils willkürliche Visapraxis sowie mangelnde Kommunikation seitens der Botschaften.

Steigende Kosten – Zuschüsse und Taschengeld nicht mehr zeitgemäß
Auch die finanziellen Rahmenbedingungen erschweren den Au-pairs den Aufenthalt. Der gesetzlich vorgesehene Zuschuss von 70 Euro pro Monat für Sprachkurse reicht oft nicht aus, da ein Drittel der Präsenzkurse mehr als 150 Euro kostet. Auch digitale Lernangebote sind für viele unerschwinglich geworden. Die Umfrage zeigt: Eine Anpassung der Zuschüsse sowie des Taschengelds wäre dringend notwendig, um Deutschland als attraktives Gastland zu erhalten.

Outgoing: Hoffnung auf Großbritannien – USA verlieren an Bedeutung
Im Bereich der Ausreisen deutscher Au-pairs zeichnen sich neue Trends ab. Großbritannien könnte nach dem Brexit-bedingten Stillstand wieder an Bedeutung gewinnen. Die USA hingegen verlieren zunehmend an Attraktivität: Die Zahl deutscher Au-pairs sinkt seit Jahren. Neue Chancen könnten sich in Ländern wie China, Südafrika und Mexiko eröffnen – vorausgesetzt, es entstehen stabile Austauschprogramme.

Umfassende Datenquelle
Die Konjunkturumfrage 2025 basiert auf einer Online-Erhebung unter 47 deutschen Au-pair-Agenturen und erscheint bereits zum 19. Mal. Sie liefert wichtige Einblicke in die Entwicklungen auf dem Au-pair-Markt. Das Fazit ist eindeutig: Ohne politische Signale für mehr Transparenz und Zuverlässigkeit in der Visapolitik droht das Au-pair-Programm seinen gesellschaftlichen und kulturellen Stellenwert zu verlieren.

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